Der Entwurf liegt vor, worauf muss ich achten?
Nach Erhalt des vom Notar erstellten Entwurfs sind die Verkäufer und Käufer oft überrascht.
Erste Überraschung: Die Regelungen sind für einen juristischen Laien kaum verständlich. Der Vertrag hätte auch in Chinesisch geschrieben sein können, man würde genauso wenig verstehen.
Zweite Überraschung: Die Passagen, die für einen Laien verständlich sind, weisen auf ein tiefes Misstrauen gegenüber Verkäufer und Käufer hin, gehen die Regelungen doch ersichtlich von dem Fall aus, dass der Vertrag nicht „funktioniert“, sich entweder der Verkäufer oder Käufer vertragswidrig verhält.
Machen Sie sich keine Sorgen, Sie stehen mit dieser Einschätzung nicht allein. Selbst Juristen, die in anderen Fachgebieten tätig sind, haben so ihre Schwierigkeiten mit notariellen Kaufvertragsentwürfen.
Tatsächlich sind Kaufvertragsentwürfe schwer verständlich und tatsächlich auch durchzogen von zahlreichen Regelungen für den „Ernstfall“. Man muss aber zunächst verstehen, warum dies nur in gewissem Umfang zu ändern ist und welcher Hintergrund besteht:
Der Immobilien-Kaufvertrag soll die zwischen den Parteien getroffenen Regelungen wiedergeben, ist aber gleichzeitig geschrieben für das Grundbuchamt, das die Anträge vollziehen soll und für ein Zivilgericht, das letztlich über einen immer denkbaren Streit unter den Parteien entscheiden muss. Aus diesem Grund werden die im Grundsatz recht einfachen Regelungen zwischen Verkäufer und Käufer (Person des Verkäufers, Person des Käufers, Kaufpreis, Zahlungszeitpunkt, Übergabe) mit zahlreichen juristischen Regelungen und Termini versehen. Die „Juristensprache“ ist nun einmal die gemeinsame Sprache der Juristen und ein Richter als Jurist muss später nachvollziehen können, was der Notar als Jurist regeln wollte. Der Vertrag darf insoweit möglichst wenige Abweichungen von der Juristen-Terminologie enthalten.
Der Eindruck, dass der Notar Verkäufer und Käufer misstraut, ist durchaus richtig. Nur: Er misstraut nicht den konkreten Vertragsparteien, sondern muss Entwürfe so gestalten, dass sie auch beim bösartigsten Verkäufer (der zum Beispiel versucht, doppelt zu verkaufen) und bei dem bösartigsten Käufer (der den Kaufpreis nicht bezahlen sondern weiterverkaufen will) den Vertragspartner sichern. Der Vertrag ist dementsprechend auf den Ernstfall ausgerichtet und muss für diesen Ernstfall dann auch sämtliche Regelungen enthalten. So selten sind im Übrigen die Fälle nicht, in denen die Durchführung eines Kaufvertrages scheitert. Nach der Erfahrung des Verfassers werden 1 bis 2% aller Kaufverträge nicht durchgeführt, weil sich eine der Vertragsparteien Verkäufer oder Käufer nicht vertragsgerecht verhält. Für diese Fälle ist das Juristendeutsch gewählt, für diese Fälle ist der Notar auch bei sämtlichen Entwürfen misstrauisch. Wenn man so will: 98 bis 99 Kaufverträge müssen darunter leiden, dass 1 oder 2 von 100 Kaufverträgen Probleme aufweisen.
Es ist also offenbar nicht zu ändern, dass notarielle Immobilien-Kaufverträge in großen Teilen einem juristischen Laien unverständlich sind.
Es stellt sich die nächste Frage: Wer hilft Verkäufer und Käufer bei der Übersetzung des Vertrages in eine normale Sprache, beziehungsweise wer erläutert diesen Vertrag den Parteien?
Zunächst das Naheliegende: Ansprechpartner ist der Notar, der den Vertrag entworfen hat. Es ist seine Aufgabe, den Vertragsinhalt den Parteien zu erläutern und Notare haben diese Aufgabe ernst zu nehmen. Haben Sie keine Scheu, vermeintlich „dumme“ Fragen zu stellen. Im Zweifel ist es einem Notar lieber, Sie fragen zu viel als zu wenig oder stellen Fragen erst dann, wenn es zu spät ist. Wenn Ihre Hemmschwelle zu groß ist, können Sie auch bei der zuständigen Notariatsfachangestellten nachfragen. Mitarbeiter in Notariaten sind oft ausgezeichnet geschult und können im Regelfall alle Fragen zum Entwurf beantworten und von der Juristensprache übersetzen. Selbstverständlich sollte es auch möglich sein, mit dem Notar vor dem Beurkundungstermin den Entwurf in einem gesonderten Besprechungstermin ohne Anwesenheit der anderen Partei durchzusprechen. Der Notar wird Ihnen dann gerne den Vertrag zu allen Einzelheiten erläutern, Sie zugleich aber darauf hinweisen, dass er Sie nicht gegenüber der anderen Partei wie ein Rechtsanwalt beraten darf.
Eine weitere Informationsquelle sind Veröffentlichungen im Internet, so zum Beispiel auf der Homepage des Verfassers (www.hildebrandt-maeder.de). Über eine Stichwortsuche finden Sie inzwischen eine Fülle von Informationen zum Immobilien-Kaufvertrag.
Ist ein Maklerunternehmen eingeschaltet, kann auch der Makler, wenn er gut ausgebildet und versiert ist, einen Immobilien-Kaufvertrag erklären.
Bisweilen entsteht nach Erhalt des Entwurfs eine solche Unsicherheit bei Verkäufer oder Käufer, dass anwaltlicher Rat in Anspruch genommen wird. Dies soll niemandem ausgeredet werden, man muss nur wissen, dass sich die Kosten hier drastisch erhöhen können. Die Gebührenbreite bei anwaltlichen Beratungen ist recht groß und Gegenstandswert der Beratung wird immer die Höhe des Kaufpreises sein. Im Regelfall sind die Kosten der anwaltlichen Beratung deutlich höher als die Gebühren des Notars und erhöhen daher die Kostenlast dann doch erheblich. Tipp: Wenn Sie Fragen zum Kaufvertragsentwurf haben, folgen Sie Ihrem Instinkt, der Ihnen sicherlich eingibt, zunächst beim Notar des Entwurfs Fragen zu stellen, um einen Telefontermin zu bitten oder sogar um einen Vorbesprechungstermin. Dies ist für Sie kostengünstig, weil solche Vorbesprechungen natürlich nicht mit Kostenerhöhungen verbunden sind. Sie können dann auch einschätzen, ob Sie dem Notar, den Sie bis dahin nicht kannten, Vertrauen entgegen bringen und dementsprechend eine zusätzliche Beratung nicht benötigen.
Letztlich hat auch diese Broschüre den Anspruch, Sie über die wichtigsten Regelungen des Immobilienkaufvertrages zu informieren und in die Lage zu versetzen, die Regelungen auch selbst zu überprüfen. Viele Ihrer Fragen können hier schon beantwortet werden und für vertiefende Fragen oder außergewöhnliche Fallgestaltungen bieten die nachstehenden Ausführungen ein Grundgerüst.
- Warum ist ein Notar erforderlich und welche Aufgaben hat er?
- Wie finde ich einen Notar?
- Wie komme ich zu einem Vertragsentwurf?
- Der Entwurf liegt vor, worauf muss ich achten?
- Was ist eigentlich alles mitverkauft?
- Wie hoch sind die Erwerbsnebenkosten und gibt es Einsparpotential?
- Wie stimme ich den Kaufvertrag mit der Finanzierung ab?
- Wie ist der zeitliche Ablauf bis zur Beurkundung?